Unweit des Dorfes Dedino (Kreis Mijory, Gebiet Witebsk) steht das Landgut der alteingesessenen Adelsfamilie Rudnitzki. „Osada Dedino“ bedeutet so viel wie „Großväterliche Besitzung“, „Großväterliches Erbe“. Erstmals belegt ist der Ort in Quellen, die ins 16. Jahrhundert datieren, die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1517. Wenige Jahrzehnte später, 1550, wird das Dorf bereits als Siedlung mit einer Kirche geführt.
Ende des 17. Jahrhunderts gelangte das Dorf in den Besitz der Familie Rodominow (Rudominow) – eines uralten Geschlechts im Großfürstentum Litauen, das Kaufleute, Diplomaten, Offiziere und Literaten hervorgebracht hatte. 1768 verkauft die Familie das Dorf und die Ländereien an Jan Rudnitzkij, der im Großfürstentum Litauen den Rang eines Rittmeisters bekleidete. Damit wurde der Ort zum Stammsitz der Rudnitzkis.
1810 veranlasste Alexander Rudnitzkij, der Son Jan Rudnitzkis, den Neubau eines Gutshauses nach Plänen des polnisch-litauischen Architekten Witkowski, von dem Namen und Lebens- und Sterbedaten nicht überliefert sind. 1820 wurde der Bau des Herrenhauses vollendet. Vor dem Gebäude wurde ein Landschaftspark angelegt, dessen Anlage heute noch erkennbar ist.
Beim Gebäude handelt es sich um einen rechteckigen Bau mit Walmdach. Den Zugang überdacht ein von vier Säulen getragener Portikus. Karnise und Risalite gliedern Vorder- und Seitenfassaden. Im Innern führt vom Vestibül eine Treppe ins Obergeschoss. Die Aufteilung der Räumlichkeiten war im Erdgeschoss annähernd quadratisch bzw. rechteckig; im Obergeschoss gab es einen Saal und weitere, großzügig angelegte repräsentative Räumlichkeiten. Im Untergeschoss befanden sich die Wirtschaftsräume.
Das Landgut blieb über Generationen im Besitz der Familie Rudnitzki, bis Siegmund Rudnitzki, bekannt und berüchtigt für seinen aufwendigen, verschwenderischen Lebensstil, gezwungen war, es in den 1930er Jahren an die Familie Wischnewetzki überschreiben zu lassen, um seine Schulden bei ihnen zu begleichen. Neun Jahre später jedoch gelang es Siegmunds Schwägerin Aljona Jablonskaja, den Besitz zurückzukaufen; sie überschrieb ihn jedoch nicht Siegmund, sondern der Universität Winniza (in der heutigen Ukraine gelegen).
Mit Beginn des 2. Weltkriegs kehrte Siegmund Rudnitzki nach Dedino zurück. Als das Gebiet von den deutschen Truppen besetzt wurde, ernannten sie Siegmund zum Dorfältesten. Gegenüber der Dorfbevölkerung verhielt dieser sich jedoch immer gutherzig und erfüllte die Befehle der deutschen Besatzer nicht, wofür er schließlich ermordet wurde, nachdem er zuvor sein eigenes Grab hatte ausheben müssen. Wo sich dies befindet, ist unbekannt; aber gegenüber vom Gutshaus war einst seine Mutter, Maria Rudnitzki, beerdigt. Das Grab wurde von Grabräubern geplündert, aber der Grabstein ist erhalten und befindet sich noch auf dem Gelände.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Gutshaus unterschiedlich genutzt, u.a. als Verwaltungsgebäude der Kolchose „Der Weg Lenins“. Seit den 1970-er Jahren verfällt es zusehends. Der Versuch, es an einen Investor zu verkaufen, schlug fehl. Da weder die Gemeinde noch der Landkreis oder die Gebietsverwaltung über die Mittel zur Restaurierung und Unterhaltung des Denkmals verfügen, scheint es dem Untergang geweiht zu sein.