An den Kiosken von Belposchta und Belsojuzdruk werden ausschließlich Zeitungen und Zeitschriften verkauft, die entweder regierungstreue Berichterstattung liefern oder sich aus politischen Fragen weitgehend heraushalten. Dazu gehört die auflagenstärkste Belarus Segodnja (früher Sowjetskaja Belarussija), gegründet 1927, in russischer Sprache erscheinend und von der Präsidialverwaltung herausgegeben. Respublika wird vom Ministerrat verlegt, desgleichen Swjazda, als deren Mitherausgeber auch das Parlament fungiert. Respublika erscheint zweisprachig, Swjazda sogar ausschließlich auf Weißrussisch, sie verwendet dabei jedoch ein umstrittenes orthografisch-grammatisches System.
Argumenty i Fakty und Komsomolskaja Prawda sind weißrussische Ableger der bekannten russischen Zeitungen. Gesellschaftlich oder politisch “anrüchige” Themen werden hier kaum berührt.
Als unabhängig können die Organe BelGazeta und Belarusy i Rynok angesehen werden. Sie nehmen eine differenzierte Perspektive auf Politik und Gesellschaft ein und zeichnen sich durch eine distanzierte, zuweilen ironische Haltung gegenüber dem Präsidenten und der Regierung aus.
Narodnaja Wolja und Nascha Niwa (letztere ist mit ihrem Gründungsjahr 1906 die älteste weißrussische Zeitung) können an Kiosken und in Buchhandlungen nicht erworben werden. Unter fadenscheinigen Begründungen wurden sie bereits vor Jahren aus dem staatlichen Vertriebssystem ausgeschlossen. Ihre Verbreitung geschieht unter der Hand.
Repräsentanten ausländischer Investoren, denen über die Belegschaften der von ihrem Konzern gegründeten weißrussischen Dependancen gelegentlich Ausgaben von Narodnaja Wolja und Nascha Niwa angeboten wurden, berichten, dass sie von offizieller Seite – etwa von Vertretern der weißrussischen Handelskammer oder Verwaltungsbeamten der Freihandelszonen – auf ihre Lektüre angesprochen werden, verbunden mit dem Rat, die Zeitung nicht offen im Büro oder im Dienstwagen liegenzulassen, um keine Nachteile für sich selbst und ihr Unternehmen zu riskieren.
Die spontan per Graffito geäußerte Ansicht, dass alle Zeitungen Mist seien, ist vor allem auf das von staatlicher Seite selektierte Angebot zu beziehen. Nimmt man jedoch das Wort alle wörtlich, so mag dies auch darauf zurückzuführen sein, dass selbst unter regierungskritischen Bevölkerungsteilen eine teilweise skeptische Haltung gegenüber der politischen Opposition herrscht. Und schließlich kann man die Aufschrift als Zeichen eines generellen Überdrusses an der in Weißrussland herrschenden politisch-gesellschaftlichen Situation verstehen.