Schon seit dem 16. Jahrhundert ist das etwa 10 Kilometer östlich des Ortes Kopyl gelegene Dorf Grosowo in den Quellen erwähnt. Damals zum Territorium des Großfürstentums Litauen gehörend, war Grosowo zunächst Teil des Besitzes der Familie Opelkowitsch, bevor es an die Wolodkewitschs, Radziwills und schließlich ans Geschlecht der Nesabudkowskis ging. Nach den drei Teilungen Polens im 18. Jahrhundert gehörte der Ort zum Russischen Reich. Auch im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts trugen die Eigentümer des Ortes klangvolle Namen: Merschejewski, Wittgenstein und Hohenlohe.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es in dem Ort zwei Kirchen und ein Kloster, im 19. Jahrhundert kamen eine katholische Kirche, zwei Synagogen und eine Schule hinzu. Auch eine Schnapsbrennerei ist in den Quellen verzeichnet. Gegen Ende des Jahrhunderts lebten in Grosowo gut 150 Bewohner auf 19 Höfen, drei Gasthöfe versorgten Reisende, in elf Läden wurden Waren des täglichen Gebrauchs feilgeboten. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert zählte der Ort schon über 1000 Einwohner auf über 170 Hofstellen. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts ging die Einwohnerzahl stetig zurück; inzwischen gibt es nurmehr kaum 200 Gehöfte und weniger als 500 Einwohner.
Das Herrenhaus stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und ist im frühklassizistischen Stil gebaut. Der Grundriss ist rechteckig, das Gebäude verfügt über zwei Stockwerke mit einem zentralen, ursprünglich von sechs Säulen getragenen Portikus an der Hauptfassade, der Südseite des Baus. Er schützte nicht nur den Zugang zur Eingangshalle mit ihrer zweiflügeligen Haupttreppe, sondern auch einen Balkon in der ersten Etage. An der parkseitigen Fassade (Richtung Norden) sehen wir an dieser Stelle einen Mittelrisalit. Das Gebäude verfügt über weiträumige Gewölbekeller und hatte an seiner Westseite Anbauten, die nicht nur Wirtschaftsräume beherbergten, sondern auch einen Wintergarten und eine Orangerie.
Umgeben war das Gebäude von einem kleinen Landschaftspark, in den der benachbarte Fluss Umanka einbezogen war. Terrassenartige angelegte Wege führten entlang der Gebäudeachse hinunter zum Fluss. Die Auffahrt zum Haus führte durch diesen Park, dessen Gartenparterre mit Rasen bepflanzt war; das Grün wurde durch Blumenrabatten und ein Netz aus Spazierwegen aufgelockert. Keines dieser Gartenelemente ist erhalten, und auch die einstige exponierte Lage des Gebäudes ist heute nur noch zu erahnen, da Mitte der 1970-er Jahre vor dem Gutshaus (d.h. an der Stelle des früheren Gartenparterre) die heutige Mittelschule von Grosow erbaut wurde.
Im 2. Weltkrieg brannte das Gebäude aus und wurde Anfang der 1950-er Jahre wieder aufgebaut. Bis 1975 befand sich darin die Dorfschule, danach war es Kinderheim und später ein Wohnheim – damit teilte es in der Sowjetzeit das Schicksal vieler Landgüter in Belarus. Nach langen Jahren des Leerstandes und des Verfalls wurde das Herrenhaus 2010 vom Soligorsker Betrieb „Dalmant“ für 35.000 belarussische Rubel (umgerechnet etwa 11 US-Dollar) erworben. Es sollte in seiner ursprünglichen Form wiederaufgebaut werden und als Erholungsheim für Arbeiter regionaler Baubetriebe dienen. Nachdem erste Arbeiten zur Sicherung der Ruine unternommen worden waren, wurden die Arbeiten 2015 unterbrochen und seither nicht wieder aufgenommen.
Im derzeitige Zustand stellt das Gebäude ein beredtes Beispiel für die ausgesprochen ernste Lage dar, in der sich das weißrussische architektonisch-kulturelle Erbe befindet. Die Bedeutung der verfallenden Gebäude wird zwar zunehmend erkannt, aber zu deren Erhaltung und fachgerechter Restaurierung fehlt nicht nur das handwerkliche Wissen, sondern auch das Geld. Mag es noch hingehen, dass der obere Fries, auf dem der Dachstuhl auflag, mit modernen Kalksandsteinen ausgebessert wurde, so schlug der Versuch, die Geschossdecken in Form von Betonfertigteilen auf die historischen, vollständig aus Ziegelmauerwerk bestehenden Außen- und Zwischenwände zu legen, katastrophal fehl: Das Mauerwerk vermochte das Gewicht nicht zu tragen und gaben nach. Die neu eingezogenen und sogar mit Stahlträgern zusätzlich gestützten Betonelemente stürzten herab und verursachten dabei noch größeren Schaden, indem sie das Ziegelmauerwerk zertrümmerten.
Der Versuch, ein historisches Gebäude auf diese Weise mittels moderner Baustoffe gleichsam rücksichtslos wieder herzurichten, wirkt nicht zuletzt deshalb schwer nachvollziehbar, da im Innern des Merschejewski-Gutshauses die Konstruktion der erhaltenen Zwischendecken deutlich zu sehen ist: Aus mit Lehm beworfenen Flechtwerk bestehend und anschließend verputzt, waren sie sehr viel leichter als die üblicherweise für Plattenbauten, Brücken und Fahrbahnen verwendeten Beton-Bauteile.
So aber fristet das frühere Gutshaus ein betrübliches Dasein – wie so viele andere Baudenkmäler Weißrusslands.