Die St. Johannes-Kirche in Kamaj

Die Johannes dem Täufer geweihte Kirche in Kamaj ist eine der ältesten katholischen Kirchen in ganz Belarus und eine der wenigen, die nie geschlossen und zweckentfremdet wurden, auch nicht während der Sowjetzeit. Möglicherweise ließen die Behörden die Gemeinde gewähren, weil einer ihrer Priester, Pater Henry Bułka, im 2. Weltkrieg einen bekannten Partisanen vor den Deutschen gerettet hatte.

Der Ort Kamaj wird erstmals Anfang des 16. Jahrhunderts als Herrensitz eines Fürsten Gleb Pronski erwähnt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts verkaufte diese Familie ihren Besitz, zu dem auch das Dorf zählte, an die Familie Rudomin-Dusatski. Jan Rudomin-Dusatski ließ von 1603 bis 1606 die steinerne Kirche erbauen. Der Architekt ist unbekannt.

1643 wurde ein Krankenhaus mit knapp zwanzig Betten der Kirche angegliedert. Ursprünglich verfügte sie über ein Haupt- und zwei Seitenschiffe mit Kreuz- und Sterngewölben, doch während des Russisch-Polnischen Krieges (1654-1657) brannte sie nieder, die Gewölbe stürzten ein. Beim Wiederaufbau wurden die Seitenschiffe vollständig abgetragen, und das Mittelschiff wurde mit einem hölzernen Deckenspiegel verkleidet. Erst 1673 wurden die Arbeiten abgeschlossen, und das Gotteshaus konnte neu geweiht werden.

Während des Großen Nordischen Krieges (1700-1721) beschossen schwedische Truppen das Gebäude und beschädigten es schwer. Einige der Kanonenkugeln sind bis heute in den Mauern sichtbar.

1778 wurde an der Südseite eine Kapelle mit rechteckigem Grundriss angebaut, die auch eine Krypta beherbergte. Im Jahr 1861 wurde die Kirche restauriert und leicht umgestaltet. 2007 wurde einer der Türme durch einen Sturm beschädigt. Die letzte grundlegende Renovierung wurde von 2010 bis 2011 durchgeführt.

Architektonisch zeigt die Kirche Elemente der Verteidigungsarchitektur, der Gotik und der Renaissance. Das Kirchenschiff ist annähernd quadratisch und wird von einer großen halbrunden Apsis und einer kleinen Sakristei flankiert. Die beiden Türme sind 16 Meter hoch und haben einen Durchmesser von über 5 Metern; die Mauern sind bis zu 2 Meter stark. An den Außenseiten des Gebäudes fehlen dekorative Elemente fast völlig, sieht man einmal von den vier bogenförmige Nischen im oberen Teil der Hauptfassade ab.

Der Hauptaltar stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er zeigt Figuren der Apostel Petrus und Paulus und eine als wundertätig verehrte Muttergottes-Ikone, die um 1610 in Krakau geschaffen wurde. Die Orgel wurde Ende des 17. Jahrhunderts eingebaut. Ebenfalls beherbergt die Kirche Reliquien der Heiligen Kasimir und Stanislaus, und in der Krypta befinden sich die Grabstätten von Würdenträgern aus der Zeit des Großfürstentums Litauen.

Im Dorf gab es auch eine jüdische Gemeinde, die eine Gebetsschule unterhielt. Alle ortsansässigen Juden wurden während der Zeit der nationalsozialistischen Besatzung deportiert und ermordet.

Heute leben in Kamaj 695 Einwohner.

Das ehemalige Pfarrhaus fungiert heute als Dienstgebäude des örtlichen Forstamtes.