Die kleine Kirche in Malki: letztes Relikt eines Adelsgeschlechts

Die kleine hölzerne Kirche liegt etwas abseits des Weilers Malki. Es ist ein warmer Sommertag, die Lerchen haben sich so hoch in den Himmel aufgeschwungen, dass sie nicht mehr zu sehen sind. Ihr Gesang aber erfüllt die ganze Gegend. Nebenan auf dem Feld zieht ein Traktor seine Bahnen.

Die Kapelle wurde 1792 von Jan Szauman unweit seines Landgutes erbaut. Alte Fotografien belegen, dass die Kirche einst ein Reetdach hatte; heute schützt ein Gipsbeton-Dach das Innere vor den Einflüssen des Wetters. In den 1930-er Jahren wurde die Kirche augenscheinlich zum Portal hin verlängert. Die auf dem Kirchhof erhaltenen Grabsteine dokumentieren eine jahrhundertelange Geschichte dieses Geschlechts. Im „Register der Wolosti und ländlichen Gesellschaften des Gouvernement Vilnius des Jahres 1873“ ist ein Andrzej Szauman urkundlich belegt.

Ein Kleinbus hält vor der Kapelle. Sein Fahrer stellt sich als Nachkomme des Geschlechts der Szaumans vor. Er lebt schon lange in der Hauptstadt Minsk, kommt aber im Urlaub regelmäßig in sein Heimatdorf. „Was hat Lukaschenko bloß aus unserem Land gemacht?“, sagt er und deutet auf die Felder ringsum. „Glauben Sie etwa, dieser Traktor düngt die Felder, weil es nötig ist? Nein – er düngt sie, weil eben gerade Dünger geliefert worden ist, und er wird hier so lange auf und ab fahren, bis sein Tank leer ist. Und dann holt er Nachschub und düngt auch die Flächen, die brachliegen und nicht zur Kolchose gehören. Und wenn danach immer noch Dünger übrig ist, versprüht er ihn auf den Feldrainen und Straßenrändern.“ Das Getreide verdorre auf den Feldern, weil Misswirtschaft und mangelnde Organisation die rechtzeitige Ernte verhindern, und im Herbst werde dann alles wieder untergepflügt – und neue Gerste eingesät.

„Schauen Sie auf diese Grabsteine! Jahrhunderte polnisch-litausich-russischer Geschichte! Und diese armselige Kirche ist alles, was die verdammten Kommunisten übriggelassen haben.“ Er deutet auf eine bewaldete Anhöhe ganz in der Nähe. „Dort hat das Landgut meiner Familie gestanden! Ein wunderschönes, großzügiges Gebäude mit Ballsaal und Bibliothek. Dann kamen die Sowjets, vertrieben meine Vorfahren, vernichteten alles und bauten später aus Betonfertigteilen eine Schule dorthin. Es ist eine Schande.“

Tatsächlich finden sich auf dem Hügel im Wäldchen die Ruinen eines neuzeitlichen Baus. Sein Grundriss ist noch erkennbar: Tatsächlich war dies früher eine Schule. Vom einstigen Herrenhaus des Szauman-Geschlechts ist indessen nichts erhalten.